Einführung des Supply Chain Managements

Wenn Sie Supply Chain Management in Ihrem Unternehmen einführen und betreiben wollen, sollten Sie dies organisatorisch verankern. Dazu müssen Sie die strategische Bedeutung für Ihr Unternehmen festlegen und ein Supply Chain Management Team installieren. Das identifiziert wichtige Projekte und sorgt für dauerhafte Verbesserungen.
 

Supply Chain Management ist eine kontinuierliche Unternehmensaufgabe

Supply Chain Management ist als übergreifendes Management-Modell ein kontinuierlicher Verbesserungsprozess. Es ist Aufgabe der Unternehmensleitung dafür zu sorgen, dass Logistik und Zusammenarbeit mit Lieferanten, Kunden und anderen Logistikpartnern analysiert und verbessert werden. Dazu muss es Supply Chain Management als Unternehmensprozess einführen und dessen Betrieb sicherstellen. Dies kann in mehreren Phasen erfolgen, die im Folgenden erläutert werden.
 

Phase I: Strategische Entscheidung des Managements 

Die Geschäftsleitung trifft in der ersten Phase die Entscheidung, ob der Optimierungsprozesses der überbetrieblichen Wertschöpfungskette aus Sicht des eigenen Unternehmens vorteilhaft und umsetzbar ist. Denn der Aufwand für die Einbindung der Partner und Aufbau und Betrieb der notwendigen Informations- und Kommunikationstechnologie ist hoch. Außerdem müssen komplexe Prozesse neugestaltet werden. Und nicht zuletzt braucht das Unternehmen die Macht und die Position, andere Unternehmen vom Mitmachen zu überzeugen.

Folgende Fragen sollten in diesem Zusammenhang gestellt werden:

  • Wie ist die Position des Unternehmens in seiner Branche?
  • Welche Rolle spielt es bei Kunden, Lieferanten und anderen Partnern?
  • Welches Potenzial gibt es am Markt in Bezug auf Kundenservice und Logistik?
  • Wieso wird das Potenzial nicht ausgeschöpft?
  • Was sind die Kernprobleme?
  • Ist die Logistikkette Ursache für die Kernprobleme?
  • Gibt es ein Optimierungspotenzial in der Logistikkette?

Hier ist wichtig zu prüfen, auf welche Stärken das Unternehmen bauen kann und worin Schwächen begründet sind. Mithilfe einer SWOT-Analyse lassen sich die Ist-Situation und die zukünftigen Chancen, Potenziale einerseits und Bedrohungen und Risiken andererseits ermitteln und analysieren. Dabei sollte der Fokus gelegt werden auf:

  • bestehende Lieferanten
  • Händler und Kunden
  • Logistikdienstleister

Am Ende von Phase I sollte die Entscheidung stehen, ob die überbetriebliche Logistik, Wertschöpfungsketten mit externen Partnern und damit verknüpfte Prozesse strategische Handlungsfelder für das Unternehmen sind; ob diese entscheidend für den Erfolg im Markt und Wettbewerb sind und wo Potenziale und Risiken begründet sind. Falls die Einschätzung dieser Situation zu einem „Ja“ führt, kann ein Grobkonzept für das Supply Chain Management als Business Case entwickelt und beschrieben werden: Wie sähe eine praktikable und ideale Supply Chain Lösung aus?


Phase II: Einrichtung eines Supply Chain Projektmanagements

Die Entscheidung des Managements zur Umsetzung und Etablierung des Supply Chain Managements sollte anschließend in erste Supply Chain Projekte münden. Dazu wird ein Supply Chain Management Team eingerichtet, das sich als „Team Supply Chain Management“ versteht. Seine Kernaufgabe ist, alle Aktivitäten zum Supply Chain Management zu planen, umzusetzen und zu koordinieren.

Folgende Fragen stellen sich dabei dem Management:

  • Welche Befugnisse soll das Supply Chain Management Team haben?
  • Welche Kompetenzen braucht es in diesem Team?
  • Welche Mitarbeiter sollen dort zusammengeführt werden?
  • Wie werden die übergreifenden und strategischen Ziele des Supply Chain Managements den Teammitgliedern vermittelt?

Das Supply Chain Management Team hat die Aufgabe, einzelne Projekte zu identifizieren und zu initiieren. Dazu muss es regelmäßig Potenziale und Schwachstellen in der Logistik und der überbetrieblichen Wertschöpfungskette erkennen, analysieren und in Projekte mit entsprechenden Aufgabenstellungen übertragen. Dazu stellen sich Fragen wie:

  • Welche Ziele werden jeweils verfolgt?
  • Wie können diese Ziele definiert werden?
  • Welche Kriterien zur Messung der Zielerreichung sind hilfreich (Durchlaufzeiten, Bestände entlang der Logistikkette etc.)?
  • Wo zeigen sich Soll-Ist-Abweichungen und Schwachstellen – zum Beispiel bei einem Vergleich mit Kundenanforderungen oder bei einem Benchmarking?
  • Was sind mögliche Ursachen und Handlungsfelder für ein Supply Chain Projekt?
  • Welche Aufgaben sind dabei zu lösen?
  • Welche internen und externen Akteure müssen eingebunden werden?
  • In welchem zeitlichen Rahmen kann das Projekt durchgeführt werden?
  • Welche Supply Chain Strategien kommen dabei infrage?

Um diese Fragen beantworten zu können, muss das Supply Chain Management Team mit anderen Fachabteilungen zusammenarbeiten. Vor allem wichtig sind dabei Marketing, Vertrieb, Logistik, Beschaffung, Produktion und Controlling. Dort erhält es Informationen zur Marktentwicklung, zu Kundenanfragen und zu Verbesserungspotenzialen im Prozessmanagement
 

Phase III: Projektkonzeption und Projektinitiierung

Das Supply Chain Management Team definiert, welche Aufgaben bearbeitet und welche Projekte dazu gestartet werden sollen. Grundlage dafür ist ein Grobkonzept für das jeweilige Supply Chain Projekt. Dafür werden einzelne Prozesse, Abläufe, Schwachstellen und Optimierungspotenziale analysiert und für die Lösungsentwicklung und das Projekt festgelegt:

  • Ziele und Rahmenbedingungen
  • Arbeitspakete
  • Zeit- und Kostenrahmen (Budget)

Oft müssen interne und externe Akteure in einem Supply Chain Projekt zusammenarbeiten. Deshalb muss im Vorfeld des Projekts ermittelt und erläutert werden:

  • interne und externe Partner im Projekt
  • Aufgabenverteilung
  • Formen der Kooperation und Kommunikation im Projekt

Damit die Bedingungen und Möglichkeiten für eine Zusammenarbeit klar sind, muss ermittelt werden, wie die bisherige Zusammenarbeit mit den Lieferanten, Kunden und anderen Partnern funktioniert. Daraus lässt sich ableiten, wie die Zusammenarbeit mit den Lieferanten stärker ausgebaut werden kann. Erst dann können organisatorische und technische Lösungen im Detail spezifiziert werden.

Grundlage für eine erfolgreiche Lösung, gute Projektergebnisse und für die Zielerreichung sind gemeinsame Antworten aller Akteure und Partner auf Fragen wie:

  • Woraus besteht die Logistikkette?
  • Welche Prozesse beinhaltet diese?
  • Welche sind die zu beachtenden Schlüsselfaktoren?
  • Wie können die Durchlaufzeiten reduziert werden?
  • Wie hoch sind die Bestände entlang der Logistikkette?
  • Wie können diese reduziert werden?
  • Wie sehen die Schnittstellen zu Lieferanten und Kunden momentan aus?
  • Wie kann eine Neugestaltung dieser Schnittstellen aussehen?
  • Welche Techniken für den Informationsaustausch und die Kommunikation werden eingesetzt?
  • Welche Standards im Bereich des Technikeinsatzes sind möglich oder sollten angestrebt werden?

Diese und weitere Fragen sollten mit dem Projektkonzept, der Initiierung des Projekts und mit Projektstart besprochen und geklärt werden. Die Lösungsentwicklung im engeren Sinn erfolgt dann mit dem Projekt. Dazu startet das Supply Chain Management Team mit den entsprechenden Fachabteilungen und mit dem jeweiligen Projektteam das Projekt. Dabei ist es hilfreich, wenn mindestens eine Person aus dem Supply Chain Management Team auch im Projekt mitarbeitet oder im Lenkungskreis mitwirkt.
 

Phase IV: Projektplanung, Prozessanalyse, Prozessgestaltung und Lösungsentwicklung

Das Projektteam, das für das jeweilige Supply Chain Projekt zusammengestellt wird, entwickelt nun den detaillierten Projektplan. Darin sind die Arbeitspakete, die einzelnen Aufgaben sowie Zeit- und Kostenplan enthalten. Ein wesentliches Element ist, dass die Prozesse genau analysiert sind, die im Rahmen des Projekts verbessert werden sollen. Für jeden Prozess werden dazu Ist-Abläufe und Soll-Abläufe erstellt.

Bei der Projektplanung und Lösungsentwicklung muss das Projektteam Fragestellungen klären, die im Zusammenhang mit der Prozessanalyse auftreten, wie zum Beispiel:

  • Wo liegen die Probleme in dem Prozess genau?
  • Worin liegen die Ursachen für dieses Problem?
  • Was für Gestaltungsmöglichkeiten gibt es?
  • Wie groß ist das Optimierungspotenzial für den einzelnen Prozess?
  • Gibt es bestehende Referenzmodelle, die zum Vergleich herangezogen werden können?
  • Wie kann ein Soll-Konzept aussehen?
  • Welche Alternativen gibt es?

Methoden zur Prozessanalyse:

  • Beobachtung von Workflows und Tätigkeiten der Mitarbeiter
  • Informationsflussanalyse
  • Materialflussanalyse
  • Sensitivitätsanalyse

Methoden zur Darstellung von Prozessabläufen sind:

  • Flussdiagramm, Funktionsflussanalyse
  • Datenflussdiagramm
  • Hierarchy Input Process Output
  • SIPOC
  • Structured Analysis and Design Technique
  • Petri-Netz

Methoden zur Schwachstellenanalyse:

  • Soll-Ist-Vergleiche
  • FMEA-Diagramm
  • Ishikawa-Diagramm

Am Ende dieser Phase stehen Lösungen und Maßnahmen für die überbetriebliche Wertschöpfungskette, mit deren Umsetzung die Prozesse verbessert, Schwachstellen beseitigt und Potenziale erschlossen werden.

Phase V: Umsetzen der erarbeiteten Maßnahmen, Kaizen initiieren

Die Projektlösungen und die Maßnahmen werden in den einzelnen Unternehmensbereichen der beteiligten Partnerunternehmen umgesetzt. Gleichzeitig wird ein kontinuierlicher Verbesserungsprozess (KVP), Kaizen, initiiert, mit dem die Lösungen regelmäßig geprüft, bewertet und weiter verbessert werden.

Dem Projektteam stellen sich dabei folgende Fragen:

  • Wo können bei der Umstellung Probleme auftreten?
  • Wie soll die Umsetzung der Soll-Vorgaben in den einzelnen Bereichen stattfinden?
  • Welche Mitarbeiter werden in die Fachteams zur Umsetzung berufen?
  • Wie können die Inhalte der Umstellung Fachteams am besten vermittelt werden?
  • Wie können alle Mitarbeiter in den Umstellungsprozess einbezogen werden?
  • Wie können die Mitarbeiter zum Kaizen motiviert werden?

Methoden der Umsetzung:

  • Coaching der Fachteams durch interne und externe Berater
  • Einbeziehung der Mitarbeiter bei der Umsetzung


Phase VI: Erfolgskontrolle und Kennzahlen im Supply Chain Management

Die abschließende Phase dient der Bewertung der Projektlösungen und der Prozessgestaltung. Dem Projektteam und dem Management stellen sich dabei folgende Fragen:

  • Wie weit entsprechen die umgestellten Prozesse dem vorgegebenen Prozessablauf?
  • Inwiefern wurden die Projektziele erreicht?
  • Was hat sich in Bezug auf das Supply Chain Management und die überbetriebliche Wertschöpfungskette verbessert?
  • Wo konnten Kosten eingespart werden? In welcher Höhe?
  • Wodurch haben sich die Leistungen gegenüber Kunden verbessert?
  • Wo gibt es noch offene Fragen und Unklarheiten?
  • Wo treten noch Fehler im überbetrieblichen Prozessablauf auf?
  • Wie erfolgreich war die Umstellung?
  • Wie hat die Zusammenarbeit mit den internen und externen Partnern funktioniert?

Methoden Erfolgskontrolle:

  • Prozessaudit
  • Benchmarking
  • Balanced Scorecard oder Performance Scorecard

Wie gut ein Unternehmen mit seinem Supply Chain Management ist, muss es anhand von Zielen ermitteln. Das sind Ziele mit Bezug zu Logistik und Kundenservice. Sie leiten sich aus übergeordneten Zielen und Strategien des Unternehmens ab. Um operativen und speziellen Ziele für das Supply Chain Management zu identifizieren, ist folgende Unterteilung hilfreich:

  • Servicelevel: Sind alle Produkte immer sofort für den Kunden verfügbar – oder gibt es leere Regale oder Wartezeiten für den Kunden? Erhalten die Kunden genau die Produkte, die sie bestellt haben zum zugesagten Termin?
  • Logistikkosten: Aufwand für Lagerung, Transport, Planung, Koordination und Verwaltung.
  • Bestandskosten: Gebundenes Kapital und Kapitalkosten für alle Produkte, die auf Lager gelegt sind; Bestandsreichweite.

Die Leistungen des Unternehmens und seiner Lieferanten in der überbetrieblichen Wertschöpfungskette können mit unterschiedlichen Kennzahlen gemessen und sichtbar gemacht werden. Dabei lassen sich strategische Kennzahlen und operative Kennzahlen für die überbetriebliche und für die interne Perspektive unterscheiden.

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